Deutsche Gesellschaft für Pastoralpsychologie e.V.

Beratung pastoralpsychologisch

 Im Arbeitsfeld Beratung vergibt die DGfP das Zertifikat "Berater*in DGfP". Die Vergabe des Zertifikats setzt die ordentliche Mitgliedschaft und ggf. die Erfüllung sektionsspezifischer Anforderungen voraus. Näheres dazu findet sich in den jeweiligen Standards der Sektionen:

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Mirko Gremse
Ehe-, Familien und Lebensberatung
Meine Tätigkeit als Berater ist für mich vor allem durch eine Haltung charakterisiert, die im Kontext der Tiefenpsychologie als „containment“ beschrieben wird. ...

1. Was bedeutet für mich pastoralpsychologische Beratung?

Meine Tätigkeit als Berater ist für mich vor allem durch eine Haltung charakterisiert, die im Kontext der Tiefenpsychologie als „containment“ beschrieben wird. Im Gespräch mit den „Ratsuchenden“ geht es mir darum, meinen inneren Raum möglichst weit und offen zu halten, um das aufzunehmen, was von meinem Gegenüber kommt und es ihm/ihr durch mich verändert (verstehend, deutend, strukturierend) zur Verfügung zu stellen. Ziel des gemeinsam gestalteten Gesprächsprozesses ist ein vertieftes Verstehen des Beratungsanliegens. Wenn das gelingt, kann der/die Ratsuchende Muster erkennen, Unverstandenes verstehen und Unbewusstes im Bewusstsein bearbeiten. Sollten sich daraus bei den Ratsuchenden veränderte Haltungen bzw. alternative Handlungs-, Sicht- oder Umgangsweisen einstellen, ist das für mich ein gelungener Beratungsprozess.

2. Wie nutze ich meinen (pastoral-)psychologischen Ansatz, wenn ich in meinem Arbeitsfeld Menschen berate?

Kennzeichnend für tiefenpsychologisch orientierte Beratung ist für mich ein permanentes Changieren zwischen einer zweiten und einer dritten Position im Gesprächsprozess. In der zweiten Position stelle ich mich meinem Gegenüber rezeptiv, deutend und strukturierend zur Verfügung. Ich lasse mich in das Agieren des Gegenübers verwickeln, begebe mich in die Dynamik von Übertragung und Gegenübertragung, so dass ich selbst zum Akteur werde. Dabei, danach oder auch daneben versuche ich aus einer dritten Position den Gesprächsverlauf zu beobachten und mithilfe von Theoriemodellen, die vor allem von der Psychoanalyse geprägt sind, zu verstehen, um was es geht. Dabei ist es nicht selten not-wendig, auch längere Phasen des Nichtverstehens auszuhalten und zu tolerieren. Ziel ist ein gemeinsames Verstehen dessen, was der/die Ratsuchende an Konflikten und Krisenerfahrungen mitbringt, so dass neue Perspektiven entstehen.

3. Worin besteht für mich die Schnittmenge in der Beratung zwischen meinem theologischen und meinem sektionsspezifischen pastoralpsychologischen Ansatz?

Mein Glaube ist: Gott wirkt entwicklungsfördernd und entwicklungsfordernd in jeder menschlichen Seele. Diesen Prozess zu unterstützen – darin sehe ich meine Aufgabe als Pfarrer und Pastoralpsychologe. Theologie und Psychoanalyse sind dabei die für mich leitenden Verstehens- und Handlungsmodelle.

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Karl-Peter Schrapel
Krisenberatung
Unter dem Begriff „Krisenberatung“ innerhalb des Hilfe-Spektrums der von mir geleiteten Evangelischen Ehe-, Lebens- und Krisenberatungsstellen in Braunschweig und Salzgitter verbirgt sich ein spezifisches Angebot für Einzelpersonen, Paare oder Familien, die sich in einer akuten Krisensituation befinden. ...

1. Was bedeutet für mich pastoralpsychologische Krisenberatung

Unter dem Begriff „Krisenberatung“ innerhalb des Hilfe-Spektrums der von mir geleiteten Evangelischen Ehe-, Lebens- und Krisenberatungsstellen in Braunschweig und Salzgitter verbirgt sich ein spezifisches Angebot für Einzelpersonen, Paare oder Familien, die sich in einer akuten Krisensituation befinden. Wenn Menschen beispielsweise suizidale Gedanken quälen oder eine Familie von einem Suizid bzw. einem anderen Unglücksfall betroffen ist, braucht es zeitnahe seelsorglich-psychologische Hilfe und Unterstützung.  Die üblichen Wartezeiten bis zum Beginn eines Beratungsprozesses sind in solchen Fällen für die Betroffenen nicht zumutbar. Deshalb ist das begrenzte Angebot stabilisierender Krisenberatung eine Intervention, die lebensrettend und vor dem persönlichen Zusammenbruch bewahrend sein kann, ähnlich wie die „erste Hilfe“ nach einem Unfall mit körperlichen Verletzungen bevor die ärztlichen Behandlungsmaßnamen beginnen.

2. Wie nutze ich meinen (pastoral-)psychologischen Ansatz, wenn ich in meinem Arbeitsfeld Menschen in einer Krise berate?

Der von W. Bion geprägte Begriff des „Containments“ hat gerade in der Krisenberatung eine hohe Relevanz für mich: Denn Menschen, die von einer akuten Krise betroffen sind, erleben sich meist in einem seelischen Ausnahmezustand – nicht selten begleitet von körperlichen Symptomen. Die vertrauten, eigenen Bewältigungsmöglichkeiten reichen dann nicht mehr aus. Es entsteht das Gefühl „völlig neben sich zu stehen“ oder „nicht mehr Herr*in im eigenen Haus zu sein“. Dies löst je nach Persönlichkeitsstruktur  unterschiedliche Reaktionen bei den Betroffenen aus: Ohnmachtsgefühle, verbunden mit stark regressiven Impulsen („Ich bin so hilflos und schwach. Bitte hilf mir!“) aber auch aggressiven Kontrollverlust („Keiner kann mir helfen, niemand versteht mich, auch Du nicht!“).
Hier sehe ich meine dreifache Aufgabe als Krisenberater darin:
• Erstens, die für die Ratsuchenden schwer aushaltbaren und mithilfe unterschiedlicher Verdrängungsmechanismen externalisierten Gefühle und Gedanken zu „containen“, also erstmal alles „Unverdaute“ in mich aufzunehmen, ohne gleich darauf zu reagieren.
• Zweitens, dann dieses in mir „zu verdauen“, bspw. indem ich das innere Gefühlschaos der Betroffenen für mich sortiere bzw. zu verstehen versuche.
• Drittens geht es schließlich darum, den Klient*innen Ihre Gefühle und Gedanken in „bekömmlicher Weise“,  „gut vorverdaut“ wieder zur Verfügung zu stellen.
Mit diesen drei Schritten verfolge ich das Ziel, die Ratsuchenden zu ihrer vorübergehend verloren gegangenen Autonomie zurückzuführen.

3. Worin besteht für mich die Schnittmenge in der Krisenberatung zwischen meinem theologischen und meinem sektionsspezifischen pastoralpsychologischen Ansatz?

Dabei hilft mir in der psychologischen Krisenberatung, gerade auch in der Konfrontation mit schwer aushaltbarem Leid der Betroffenen, dass ich persönlich darauf vertrauen kann: Das unbedingte „Ja“ Gottes steht über jedem Leben und wird auch in der Krise nicht zurückgenommen. Gott ist und bleibt die Quelle des Lebens, besonders auch in „Wüstenzeiten“. Der wohlwollende Blick Gottes auf uns alle, wie er als persönlicher Zuspruch in den Worten des aaronitischen Segens zum Ausdruck kommt, ist für mich das triangulierende – Entwicklung ermöglichende - Element in der Begegnung zwischen mir als Berater und den Ratsuchenden. So wichtig mir in der Krisenberatung psychologische und theologische Fachkompetenz auch erscheint, so weiß ich aus Erfahrung doch darum: Das allein tut’s nicht! Ob stabilisierende Beratung gelingt oder nicht ist letztlich nicht nur von diesen Kompetenzen abhängig. Ob eine hilfreiche, tragende Beziehung zwischen Ratsuchenden und Beratenden entsteht und ob sich daraus das Potential entwickelt, eine Krise zu meistern, liegt am Ende in Gottes Hand. Sein Segen steht auch über der Krisenberatung. Das trägt mich durch die Herausforderungen der Beratung von Menschen in den Krisen ihres Lebens.

Karl-Peter Schrapel, ev. Pfarrer, Pastoralpsychologe & Lehrsupervisor DGfP, Leiter der Evangelischen Ehe-, Lebens- und Krisenberatung in Braunschweig, Sektion Tiefenpsychologie

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